Erstes Betroffenenseminar 11.06. bis 13.06.2021

Auf Grund von Corona, war dies unser erstes Seminar, welches 2021 stattfinden konnte..So fanden sich am 11.06.21 im „Querxenland“ Seifhennersdorf zahlreiche Teilnehmer ein.

Die Freude war sehr groß und dennoch etwas verhalten, da durch die Beachtung der Corona Regeln etwas Distanz geboten war. Durch das Seminar begleiteten Ralph Müller und Jacqueline Klieme. Für den Samstag war Frau Angela Ziegler (Suchtberaterin aus Radebeul), für den Fachvortrag, eingeladen.



Das Seminar startete mit einer Begrüßungsrunde. Um diese ein wenig aufzulockern, erzählte Jeder 3 persönliche Sachen über sich, wovon eine gelogen war. Die anderen sollten erraten welche Sache das ist. Schon eigenartig, Alkoholiker gelten ja als perfekte Lügner, aber jetzt viel es doch schwer zu lügen. Nebenbei wurde ermittelt, dass 14 Betroffene, 7 Angehörige und 141 Abstinenzjahre im Raum anwesend waren. Der vorgelesene Beitrag „Der Rückfallgeist“ lud zur Einstimmung auf das Thema ein. Danach ließen wir den Abend ausklingen.


Frisch ausgeschlafen begrüßten wir am Samstag Frau Ziegler. Nach einer kurzen Einstiegsrunde ging es dann ans Arbeiten. In 8 Gruppen wurde über vorgegebene Dinge gesprochen, welche eine Gefahr für einen Rückfall darstellen könnten.

1. Unangenehme Gefühle

2. Körperliche Beschwerden

3. Fehlende Achtsamkeit oder Selbstüberschätzung positiven Situationen

4. Der Versuch, kontrolliert zu konsumieren

5. Suchtmittelverlagerung oder Verlangen nach der Wirkung der Droge und des problematischen Verhaltens

6. Konflikte mit anderen Menschen

7. Aufforderung zum Konsum oder zum Suchtverhalten und mangelnde Fähigkeit zum Abgrenzen

8. Wohlfühlen mit andren in geselliger Atmosphäre und der (unbewusste) Wunsch, es möge noch perfekter sein


Daraus ergab sich großer Diskussionsbedarf. Was macht man mit unangenehmen Gefühlen, gehe ich Konflikten lieber aus dem Weg? Der Versuch kontrolliert zu trinken wurde klar abgeschmettert. Können Schmerzen das Suchtgedächtnis antrickern? Wie grenze ich mich bei der Aufforderung zum Alkohol trinken klar ab? usw.

Es wurde sehr angeregt und intensiv diskutiert. Auch darüber, dass es wichtig ist, ein Ziel zu haben, um dem Leben einen Sinn zu geben, waren sich alle einig. Der Vormittag verging viel zu schnell.

Vielen Dank an Frau Ziegler, sie hat uns wieder einmal gut Denkansätze mit auf den Weg gegeben.

 

Nach der Mittagspause ging es frisch ausgeruht an die Arbeit in den Arbeitsgruppen.                                                                                           Die Gruppen hatten folgende Hauptaufgabe:

„Schreibt gemeinsam eine ausführliche Geschichte über einen Rückfall. Überlegt danach, was ist:

  • die Rückfallsituation,

  • die scheinbar harmlose Entscheidung,

  • der Rückfallgedanke/Verlangen

  • der Rückfallschock

Bei noch übriger Zeit bestand die Möglichkeit einen Rückfallbogen auszufüllen.

Die Angehörigen bildeten eine gemeinsame Gruppe. Für sie wurde die Diskussion durch folgende Fragen angeregt:

  • Was kann ein Angehöriger tun, wenn er einen Rückfall kommen sieht?

  • Was kann ein Angehöriger tun, wenn der Rückfall da ist?

  • Was wenn der Betroffene nicht therapiebereit ist?

Das Wichtigste ist in den Arbeitsgruppen nach wie vor über seine Ängste und Nöte zu sprechen. Dies wurde auch sehr angeregt getan.

Am Abend konnte man beobachten, wie der ein oder andere in sich ging und über die gesagten Dinge nachsann. Die Konfrontation mit einem schon erlebten Rückfall, bzw. das Wachrütteln, dass es jeden von uns eiskalt erwischen könnte, macht umso wachsamer. Egal wie viele Abstinenzjahre geschafft sind, eine Unachtsamkeit und schwupps besteht die Gefahr wieder bei Stunde null zu landen. Um so wichtiger sind genau diese Seminare.



Am Sonntagmorgen wurde das sehr passende Wort zum Sonntag gelesen. Danach ging es an die Auswertung der Gruppenarbeit.

Es war zu merken, dass alle Gruppen sehr emsig ins Gespräch gekommen waren und darüber gesprochen haben, was sie weiterhin beibehalten sollten, um keinen Rückfall zu erleiden. Ebenso wurde über schon erlebte Rückfälle gesprochen und diese dahingehend betrachtet, wie es dazu kommen konnte.

Als die Angehörigengruppe zu Wort kam, gab es eine intensive Diskussion über die Frage: Ist der Angehörige der erste oder der letzte der vom Rückfall erfährt.



Viele Betroffene waren der Meinung, dass sie zuerst mit der Suchtberatung, jemandem aus der Selbsthilfegruppe und erst später mit dem Angehörigen sprechen würden. Die Angehörigen standen sehr stark da und sagten, dass sie genau das angenommen haben, der Betroffene es sich aber unnötig schwer macht. Tatsächlich hinterfragten sich die Betroffenen, warum sie nicht zuerst mit dem Partner reden wollten. Scham, Versager zu sein, dem Angehörigen nicht wieder Probleme machen wollen, alles Dinge, die da eine Rolle spielen. Irgendwann erfährt der Partner es aber sowieso und ist enttäuscht warum so spät. Erkenntnis: ja der Angehörige sollte mit der erste sein, dem der Rückfall anvertraut wird.






Wir sprachen dann noch über den typischen Verlauf eines Rückfalls und auch wie wichtig es ist, an Zielen festzuhalten. Das kann die Umsetzung des schon langen geplanten Urlaubes sein oder das Ziel nicht mehr allein zu Hause zu sitzen. Wichtig ist es sich erreichbare Ziele zu stecken und nicht bei der ersten Schwierigkeit den Kopf in den Sand zu stecken.

Es war ein rundum gelungenes Wochenende.

Wir fuhren alle gestärkt und noch mehr abstinenzmotiviert nach Hause.


Vielen Dank für die Möglichkeit diese Wochenenden durchführen zu können.

Ralph Müller und Jacqueline Klieme

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