Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe Landesverband Sachsen e.V.

Bischofswerder Str. 1, 01920 Elstra, Tel. 035793 398722 od. 398724

13. Frauenseminar mit 13 angehörigen und 12 betroffenen Frauen aus mittlerweile 9 Freundeskreisen

Unser diesjähriges Thema war: SUCHT UND SINN.

Ein Thema, das von vielen durchaus überrascht aufgenommen wurde, ließ es doch die Gedanken kreisen und machte neugierig.

Neugierig auf das, was da kommen mag:

 

Nach dem Eintreffen aller Teilnehmerinnen und der gemeinsamen Einnahme des Abendmahles begann unser Seminar Freitagabend ganz offiziell im Haus der Begegnung.

Sigrid Wirth, Vorstandsmitglied des LV Sachsen, begrüßte im Namen von Horst Friese, unserem Vorsitzenden, alle Frauen mit einer Rose.

Für die Vorstellungsrunde nahmen wir im einem großen Kreis Platz. Jede Frau stellte sich mit Namen, Wohnort und dem Freundeskreis vor.

Wir sprachen über momentane Gefühle und jede über ihre Erwartungen an dieses unser Wochenende. Schon dabei verflogen die Ängste, auch bei den neuen Teilnehmerinnen.

Bei kurzen Gesprächen verschwand dann auch noch der letzte Rest der Anspannung. Und bei den “gestandenen” Teilnehmerinnen des Seminars war die Freude groß, alte Freundinnen und Bekannte wieder zu sehen.

Während viele von uns keine lange Anreise scheuten, hatten andere sogar einen Urlaubstag geopfert, um an diesem Seminar teilnehmen zu können.

 

Da wir in den Jahren zuvor schon feststellten, dass die meisten der Frauen sehr viel Spaß am gemeinsamen Singen haben, beschlossen wir den ersten Abend mit schönen Volksliedern.

Glücklich und voller Erwartungen auf den kommenden Tag gingen wir alle in unsere Häuser, um dort noch bis tief in die Nacht mit Gleichgesinnten zu reden.

 

 

Der Samstagmorgen begann mit einigen Übungen des Qi Gong.

Damit verstand es Sigrid wunderbar unsere Energieströme in Gang zu bringen.

 

 

Für die Erarbeitung unseres Themas: Sucht und Sinn lag nun Susi - Alk, eine Betrunkene aus Papier,mitten unter uns.

- Unsere Gefühle und Gedanken fuhren Achterbahn:

- Wie verhält sich ein Betroffener?

- Was denkt ein Angehöriger?

So mancher Frau wurde die Vergangenheit wie ein Spiegel vorgehalten.

Und manche von uns kämpfte mit den Tränen. Andere hatten Wut im Bauch oder reagierten mit Abscheu.

Auch solche Gedanken gab es:

- Soll oder muss ich helfen?

- Kann ich das oder bin ich überfordert?

Alle diese Emotionen, Gedanken und Meinungen notierten wir auf kleine Karteikarten. Danach wurde unsere Susi- Alk damit bekleidet.

Auf die eine Seite kamen die Zettel mit den Meinungen der Betroffenen. Auf der andere Seite befestigten wir die Gedanken der Angehörigen.

Für alle war es somit eine große Hilfe und neue Erfahrung, die jeweils andere Meinung zu erfahren. Im Kreis der Familien wird ja eher selten darüber gesprochen, was der andere denkt und fühlt.

Nach einer doch recht kontroversen Diskussion waren wir uns aber alle einig: Geholfen werden muss, (z.B .durch Rufen des Notarztes “112”) wenn ein Mensch, also auch ein Betrunkener, hilflos ist.

Die zweite Teil bestand darin, zu erörtern, ”Was denkt der Betrunkene in diesem Moment und welchen Sinn sieht er noch im Leben ?”.

Während die Angehörigen bei der Beantwortung dieser Frage nur Vermutungen anstellen konnten, hatten die Betroffenen doch einige Kommentare beizusteuern.

So ging es von:

- “ Ach lasst mich doch alle in Ruhe!” bis zu:

- “ Guck nicht so blöd!”.

Immer wieder kamen wir zum Ursprungsthema Sucht zurück und suchten nun nach dem Sinn.

Dabei unterschieden wir die Zeiten während der nassen Phase und die der Abstinenz. Bis auf wenige Ausnahmen meinten die Betroffenen mit Bestimmtheit, dass ihre Suchterkrankung einen Sinn für ihr weiteres Leben hatte.

Denn ohne die bittere Erkenntnis, ganz unten und am Ende gewesen zu sein, wären viele der Teilnehmerinnen nicht an dem Punkt angekommen, in ihrem Leben etwas ändern und wieder leben zu wollen.

Einige wären mit Bestimmtheit nicht mehr am Leben und andere würden noch genauso stumpfsinnig dahin vegetieren. Auch für die Angehörigen änderte sich das Leben völlig.

Während der nassen Phase des Partners bestand der Sinn ihres Lebens oft darin, alles zu organisieren und die Familie am Leben zu erhalten.

Lebte der Partner dann aber eine zufriedene Abstinenz, entdeckten beide wieder Gemeinsamkeiten, Glück und Freude in der Partnerschaft.

 

Nach dem gemeinsamen Mittagessen arbeiteten wir nachmittags in Kleingruppen weiter zum Thema dieses Seminars.

Das Ziel dieser Art Gruppenarbeit war es, die Thematik in gemischter Form (Alkoholiker, Angehörige, immer andere Freundeskreise in einer Gruppe) noch einmal speziell auf die jeweiligen Personen aufzuarbeiten und innerhalb des Teams eine Situation des Lebens in Form eines Kabarett- oder Theaterstückes wiederzugeben.

Anfängliche Ratlosigkeit wechselte schnell zu einer Aktivität, die uns jedes Jahr aufs Neue verblüfft.

Was steckt in diesen Frauen für ein Potential?!!!

Meist vermutet dies die Betreffende selbst nicht. Saß sie erst still im Kreis und hörte nur zu, sprudelten jetzt die Worte nur so heraus.

Die Episoden der ersten drei Gruppen konnten wir uns schon am Nachmittag ansehen.

 

 

Es waren tiefgründige Probleme, welche in lustiger Art nachgespielt wurden.

Obwohl fast jede Frau solche Situationen aus eigener schmerzlicher Erfahrung kannte, haben wir am Ende befreiend darüber lachen können.

Für unsere neuen Teilnehmerinnen ist dieses Miteinander eine hervorragende Möglichkeit, Sorgen und Probleme aus sich herauszulassen, ohne sich erklären oder rechtfertigen zu müssen.

Diesen für uns doch recht anstrengenden Tag ließen wir gegen Abend in der Körsetherme ausklingen. Ganz sicher nutzte so manche Betroffene die Ruhe in einer der Saunen zum Verarbeiten des Seminars.

Am Sonntagmorgen, nach belebenden Qi-Gong-Übungen, sprach Sigrid einige Worte über den Sinn des Lebens.

Passend zum Thema präsentierte sie dazu eine Multimedia–Performance (mittels Beamer). Dabei ließen wir das Gesagte mit Musik und Bildern auf uns wirken.

Danach warteten schon alle auf die nächsten Aufführungen. Jede Gruppe hatte sich intensiv mit dem Thema: Sinn und Sucht auseinander gesetzt und dieses nun theatralisch umgesetzt.

Es fehlten weder Kostüme noch Requisiten, an alles war gedacht.

 

Nach den vielen gelungenen Aufführungen wurde uns gegen Mittag bewusst, wie schnell doch die Zeit vergangen war und schon begann die Abschlussrunde.

Jede Teilnehmerin schilderte, wie ihr persönlich das Seminar gefallen hat, welche Erfahrungen mit nach Hause und in die SHG mitgenommen werden und welche Ideen und Vorschläge im nächsten Frauenseminar umgesetzt werden könnten.

Nach dem Mittagessen gab es ein herzliches Abschiednehmen. So manche Träne, die dabei kullerte, war wohl eine Freudenträne.

Hatte hat man doch wieder neue Freunde und auch Ansprechpartner für die Sorgen des Alltages gefunden.

Adressen und Telefonnummern wurden ausgetauscht und sich für das nächste Jahr verabredet, um wiederzukommen.

 

 

                                                                                                          Simone Krause

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