Seminar für Suchtkranke
Vom 07. bis 09.04.2006 fand in Schirgiswalde das Seminar für Suchtkranke statt. 25 Personen aus den Freundeskreisen Brand-Erbisdorf, Döbeln, Görlitz, Kamenz, Löbau, Niesky, Nossen, Hoyerswerda, Bautzen, Radebeul und Dresden nahmen daran teil.
Freitag
Nach dem Abendessen begrüßte uns Wolfgang. Anschließend zeigte uns Christian seine computergestützte Aufbereitung von Materialien für die Präventionsarbeit an Schulen. Bei Bedarf können Kopien davon bei der Geschäftsstelle bestellt werden. Auch die Chronik des LV macht große Fortschritte. Wer noch Fotos von früheren Veranstaltungen hat, kann sie gern zur Verfügung stellen. Schließlich zeigte Christian einen kurzen Film vom letzten Jugendseminar, welcher aus einzelnen Fotos erstellt wurde.
Wolfgang äußerte sich lobend über die Jugendarbeit in Sachsen, die Vorbild für andere Landesverbände ist. Er sicherte die weitere finanzielle Unterstützung der Jugendarbeit zu.
Nach einer Pause fand eine kurze Vorstellung statt. Dann erläuterte Wolfgang die neuen Abrechnungsvorschriften bei den DRV-Mitteln (ehemals BfA). Anschließend verwies er nochmals auf die diesjährigen Veranstaltungen des LV, insbesondere die Kinderwoche und das Jugendseminar. Er betonte, dass finanziell weniger gut gestellte Mitglieder sich für die Teilnahme an den Seminaren um finanzielle Unterstützung an ihre Gruppen wenden können und, falls dort keine Hilfe möglich ist, an den LV.

Samstag
Nach dem Frühstück waren wir sehr gespannt auf das Referat von Herrn Bunde. Er überraschte uns, indem er das Thema "Genuss-Missbrauch-Abhängigkeit" völlig anders anging, als wir erwartet hatten. Nicht der Alkohol, sondern das tägliche Leben stand im Mittelpunkt. Zuerst wurde festgehalten, was jeder unter Genuss versteht. Dabei stellten wir fest, das jeder Mensch anders genießt.
Herr Bunde erklärte uns, dass das Empfinden von Genuss schon im Mutterleib beginnt und dass die Art des Genießens sich im Laufe des Lebens ändert. Genuss ist erlernbar. Weiter kamen wir zu den Begriffen "Genussmittel" und "Genuss-Sucht", bei welcher das Genussmittel zum Suchtmittel wird. Sucht bedeutet Zwang, Fremdsteuerung, Kontrollverlust; der Genuss geht dabei verloren.

Der "Missbrauch" ist übertriebener bzw. falscher Gebrauch von Mitteln, um den Genuss zu verlängern. Daraus kann eine Sucht entstehen. Der Begriff "Abhängigkeit" bedeutet aber nicht ausschließlich Sucht. Jeder Mensch ist von irgendetwas oder jemandem abhängig: von Behörden, Lieferanten, vom Wetter. Ein Kranker ist abhängig vom Arzt und vom Medikament, das ihn heilt.
Ich wage zu behaupten, dass die menschliche Gesellschaft auf Abhängigkeiten basiert. Sonst wären wir nur eine Ansammlung von Solisten. Abhängigkeit muss durchaus nicht negativ sein. Wie oft haben wir schon gefragt: "Kannst du mir bitte helfen?". Das bedeutet, wir brauchen einander, sind im gewissen Sinne voneinander abhängig. Und das ist auch gut so !!!

Nach der Mittagspause trafen wir uns in Kleingruppen, um dieses wunderbare Referat auszuwerten und unsere eigenen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Nach dem Abendessen setzten wir uns wieder zusammen und präsentierten die Ergebnisse der Kleingruppenarbeit.
Die einstimmige Meinung war, dass durch dieses hervorragende Referat unsere Sichtweise zu diesem Thema enorm erweitert wurde.
Abhängigkeiten können sich ändern, aber die Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist irreversibel.
Aber vor allem das Genießen hatte es uns angetan: wir stellten fest, dass man als abstinent lebender Alkoholiker bewusster genießt als vorher "unter Strom". Auch genießt der Mensch aktiv und passiv. Ich kann bewusst ein feines Essen oder einen guten Film genießen (aktiv) oder etwas kann ohne mein Zutun auf ich einwirken und ein positives Gefühl hervorrufen (z.B. schönes Wetter). Das genieße ich passiv.
Der Missbrauch stellt eine Gefahr des Öffnens für andere Süchte dar. Aber durch unsere Erfahrung sind wir in der Lage, diese Gefahr frühzeitig zu erkennen.
Abhängigkeit existiert in jeder Form des Lebens.
Der Vortag hat uns in die Lage versetzt, bewusster zu genießen. Auch können wir andere Menschen jetzt besser verstehen und auf sie eingehen.
Wovon sind wir wirklich abhängig (z.B. Arzt), und welche Abhängigkeiten schaffen wir uns selbst (z.B. Mode, Suchtmittel)?
Der Abend wurde mit einem leckeren Eisbecher und gemütlichem Beisammensitzen beendet.
Sonntag
In seinen "Gedanken zum Sonntag" zog Wolfgang Parallelen zwischen Freundschaft, Ehrlichkeit, Lüge und Verrat in der Bibel und in der jetzigen Zeit. Auch heute sollte man nicht Gleiches mit gleichem vergelten, sondern die offene Aussprache suchen.
In der anschließenden Feedback-Runde äußerten sich alle Teilnehmer äußerst positiv zum Ablauf der Veranstaltung, vor allem das Referat von Herrn Bunde wurde in den höchsten Tönen gelobt. Wir hoffen auf eine Fortsetzung dieses Themas. Selbstverständlich waren auch die Unterkunft und das Essen prima wie immer. Zum Abschluss bedankte sich Wolfgang bei allen Teilnehmern für ihre gute Mitarbeit, die maßgeblich zum Gelingen des Seminars beigetragen hat. Nach dem Mittagessen verabschiedeten wir uns voneinander mit dem Versprechen, uns beim nächsten Seminar wiederzusehen.
Bea